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Pressemitteilung vom 05. August 2022

Vorrang statt Ausfall
Berliner Fahrgastverband IGEB fordert Sofortmaßnahmen gegen die BVG-Buskrise

Wegen des akuten Mangels an Fahrpersonal beim Bus hat die BVG angekündigt, die Fahrpläne ausdünnen zu wollen. Was ad hoc betrieblich geboten scheint, ist ein weiterer Rückschlag für die angestrebte Mobilitätswende.
Richtig ist, dass der Fachkräftemangel bei Busfahrerinnen und Busfahrern so gravierend ist, dass schon seit Längerem personell am Limit gefahren wird. Richtig aber ist auch, dass die BVG 100 zusätzliche Busfahrerinnen und Busfahrer benötigt, weil zu viele ihrer Linien im Stau stehen.
Während neue Busspuren auf sich warten lassen, sprießen Radfahrstreifen wie der im Vorspann aus der gleichnamigen ZDF-Kinderserie bekannte Löwenzahn aus dem Asphalt. Die so genannten Kiezblocks sollen in Kürze folgen. Für den Busverkehr ist das alles andere als lustig, um in Peters Serienbild zu bleiben. Der wird entgegen allen Versprechungen seit Jahren immer langsamer und steht sowohl bei den Planungen als auch auf der Fahrbahn in der Schlange. Wie beispielsweise an der Kantstraße, wo der Radverkehr auf eigenen Spuren von dannen ziehen kann und sich der Bus zwischen den zählfließenden Autos einreihen muss.
Die Antwort auf den Fachkräftemangel müssen mittelfristig selbstverständlich weitere Busfahrerinnen und Busfahrer sein. Kurzfristig jedoch dürfen nicht Angebotskürzungen als Arznei verordnet werden, sondern die ohnehin versprochene Bevorrechtigung und Beschleunigung des ÖPNV muss das Gegenmittel sein.
Wir fordern daher unverzüglich das Einrichten von Pop-up-Busspuren ganz nach dem Motto: Was dem Radverkehr recht ist, darf dem ÖPNV nur billig sein.

Vordringliche Korridore, um nur einige Beispiele zu nennen, sind:
•    Bussonderfahrstreifen Linie 165 Köpenicker Landstraße – Schnellerstraße in beiden Richtungen durchgehend zwischen Treptower Park und Bahnhof Schöneweide
•    Bussonderfahrstreifen Linie 166 Südostallee Richtung Schöneweide unter Aufgabe des Schutzstreifens, daher für Radverkehr freigegeben
•    Bussonderfahrstreifen Linie M45 durchgehend von Zoo bis Bahnhof Spandau auf Otto-Suhr-Allee und Spandauer Damm
•    Bussonderfahrstreifen Linien X34/M49 von Zoo bis Spandau auf Kant- und Heerstraße

Wir fordern des Weiteren, dass sowohl ein Bestands- als auch ein Zielnetz von Busspuren ins Geoportal des Landes Berlin eingearbeitet wird, um die unübersichtliche Datenlage zu beseitigen. Aktuell wird im sogenannten FIS-Broker nur ein Teil der Bussonderfahrstreifen angezeigt: als Radverkehrsanlage!
Senat und BVG müssen den Bedarf zudem stetig überprüfen und unter Einbeziehung der Fahrgastverbände weiterentwickeln.
Darüber hinaus fordern wir unverzüglich Ampelvorrangschaltungen, die ggf. da mit Bauampeln kurzfristig umzusetzen sind, wo eine Umprogrammierung der stationären Anlagen einen längeren zeitlichen Vorlauf benötigt.
Die Situation ist umso dramatischer, da der Busverkehr in vielen Stadtteilen, insbesondere im ehemaligen Westteil Berlins, noch für viele Jahre das einzige ÖPNV-Angebot sein wird. Der dringend erforderliche Ausbau der Straßenbahn stockt, auch durch gravierende Versäumnisse in der letzten Legislaturperiode, und der Ausbau von S- und U-Bahn kann allenfalls in ferner Zukunft partiell Abhilfe schaffen.
Vor diesem Hintergrund ist schnelles Handeln geboten. Der Busverkehr und der gesamte ÖPNV muss Chefinnen-Sache sein!

Christfried Tschepe, Vorsitzender
Jens Wieseke, stv. Vorsitzender

© Berliner Fahrgastverband IGEB e.V.