Jahrespressekonferenz der IGEB am 11. Februar 1998

Immer schlechter Rückblick und Ausblick aus Sicht der Fahrgäste

Jahrespressekonferenz des Berliner Fahrgastverbandes IGEB mit acht wichtigen Forderungen zur Änderung der Verkehrspolitik

11. Februar 1998

Gerhard J. Curth, Vorsitzender Matthias Horth, Stellv. Vorsitzender Christfried Tschepe, Stellv. Vorsitzender


1. ÖPNV-Bedarfsplan und Nahverkehrsplan

Der Verkehrssenator wird mit seinen Hausaufgaben nicht fertig.

Das 1995 verabschiedete Berliner ÖPNV-Gesetz verpflichtet den Senat zur Erarbeitung eines "Bedarfsplanes" für den ÖPNV und eines "Nahverkehrsplanes".

Noch immer streitet sich der Senat über den seit Monaten nur als Entwurf vorliegenden Bedarfsplan, durch den die langfristigen Investitionsmaßnahmen des ÖPNV festgelegt werden sollen und der eigentlich Voraussetzung für den darauf basierenden Nahverkehrsplan ist.

Nach den Darstellungen des Entwurfspapiers zum Bedarfsplan soll die bisherige Schwerpunktsetzung des Senates zugunsten des kosten- und prestigeträchtigen U-Bahn-Baues beibehalten werden: So soll mit dem Bau der umstrittenen U5-Verlängerung vom Alexanderplatz zum Lehrter Bahnhof ab 1999 begonnen werden, die weitere U5-Verlängerung bis zur Turmstraße und die U7-Verlängerung zum Flughafen Schönefeld werden als "prioritäre Maßnahmen" eingestuft - genauso wie die Pré-Metro unter der Leipziger Straße, für die vorsichtshalber erst gar keine Baukosten benannt werden.

Allein für den Streckenneubau von U-, S- und Straßenbahn werden (ohne Sanierungskosten und sonstige attraktivitätssteigernde Maßnahmen) für die bis 2004 zu beginnenden Baumaßnahmen sog. "Nettobaukosten" von über 3,5 Milliarden DM kalkuliert. Wie das alles finanziert werden soll, bleibt völlig offen. Der Hinweis auf zukünftige Public-Private-Partnership-Finanzierungen läßt deutlich werden, daß es sich bei all diesen Planungen um ein völlig unrealistisches Wunschdenken des Senates handelt.

IGEB-Forderung

Angesichts der eingeschränkten finanziellen Handlungsmöglichkeiten des Landes Berlin müssen im Bedarfsplan die Prioritäten zugunsten des Straßenbahnausbaues verändert werden, weil hier für dasselbe Geld ein sehr viel größerer Nutzen für die Fahrgäste erzielbar ist, als beim extrem teuren U-Bahn-Bau.

Im Nahverkehrsplan werden u.a. die im Bedarfsplan vorgesehenen Planungen über den Ausbau der Schieneninfrastruktur und der daraus resultierende Finanzbedarf dargestellt sowie die Rahmenvorgaben für das zu bestellende Leistungsangebot (Mindestanforderungen) gesetzt.

Obgleich im ÖPNV-Gesetz ausdrücklich die Hinzuziehung und Mitwirkung "Dritter" bei der Aufstellung des Nahverkehrsplanes angesprochen wird (und dies in anderen Bundesländern durch die Einrichtung beratender Nahverkehrsbeiräte auch üblich ist), erfolgte die Erarbeitung in Berlin als "geheime Kommandosache" der zuständigen Senatsverkehrsverwaltung. Noch nicht einmal eine öffentliche Diskussion fand im Vorfeld des Senatsbeschlusses statt.

Daher verwundert es auch kaum, daß der verabschiedete Berliner Nahverkehrsplan noch nicht einmal den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestanforderungen entspricht:

- Hinsichtlich der zukünftig vom Land Berlin zu bestellenden Verkehrsleistungen stellt der Nahverkehrsplan nur eine unverbindliche Absichtserklärung dar, da die tatsächliche Bestellung vom Vorhandensein ausreichender Finanzmittel abhängig gemacht wird.

- Es erfolgt weder eine sachgerechte und transparente Darstellung der Kosten und der Finanzierbarkeit für die einzelnen geplanten Investitionsmaßnahmen, noch erfolgt für die zahlreich vorgeschlagenen Maßnahmen eine Prioritätensetzung unter Kosten-Nutzen-Gesichtspunkten.

Es ist typisch für die kurzatmige, von der Tagespolitik bestimmte Verkehrspolitik in dieser Stadt, daß im gerade vom Senat beschlossenen Nahverkehrsplan der Baubeginn der U5-Verlängerung erst ab 1999 vorgesehen ist, aber keine 14 Tage später Senator Jürgen Klemann den Bau des U-Bahnhofes "Unter den Linden" noch für 1998 ankündigte - ohne Planungsrecht und gesicherte Finanzierung.

IGEB-Forderung

In der vorliegenden Form stellt der Nahverkehrsplan bestenfalls eine unverbindliche Absichtserklärung des Senats dar. Angesichts der Finanzsituation muß die Politik, anstatt kostenträchtige U-Bahn-Projekte zu favorisieren, zugunsten des sehr viel effizienteren Ausbaus der Straßenbahn radikal verändert werden. Für alle Investitionsmaßnahmen muß daher eine vergleichende Kosten-Nutzen-Untersuchung durchgeführt werden und - daraus abgeleitet - im Nahverkehrsplan eine eindeutige Priritätensetzung zugunsten der finanziell realisierbaren Projekte erfolgen.


2. BVG im Sinkflug - die finzielle Situation ist katastrophal

Der Senat hat 1995 mit der BVG einen Unternehmensvertrag geschlossen, der die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der BVG bis zum Jahr 1999 definiert: Er schreibt einerseits der BVG einen rigiden innerbetrieblichen Sparkurs vor, sollte andererseits eine Regelung für den Ausgleich (eines Großteils) des jährlichen BVG-Zuschußbedarfs treffen und sollte die BVG zur Erbringung von etwa konstanten Verkehrsleistungen verpflichten.

Doch ab 1997 kürzte der Senat aus dem perspektivisch unbefriedigenden Vertrag der BVG nochmals fast 50 Mio DM an jährlichen Zuschüssen und wurde dadurch vertragsbrüchig. Da gleichzeitig die Fahrgastzahlen bei der BVG nicht anstiegen (wie im Unternehmensvertrag zugrundegelegt), sondern deutlich gesunken sind, hat sich die Ertragssituation trotz deutlicher Tarifsteigerungen dramatisch verschlechtert.

Bereits 1997 hat die BVG aufgrund der über mehrere Jahre durch den Senat nicht mehr vollständig ausgeglichenen Fehlbeträge (allein 1996: 314 Mio DM) die Kapitalreserven völlig verbraucht. Bis zum Jahr 2000 - also dem Zeitpunkt, zu dem die BVG wettbewerbsfähig sein soll - ist zu erwarten, daß der Wertverlust des Unternehmens durch nicht mehr mögliche Ersatzinvestitionen auf 1,5 bis 2 Milliarden (!) DM gewachsen sein wird.

Aus der Rechtslage ergibt sich, daß das Land Berlin nach Auslaufen des Unternehmensvertrages Ende 1999 die bisher von der BVG erbrachtern Verkehrsleistungen öffentlich ausschreiben muß. Trotz erheblicher innerbetrieblicher Rationalisierungsanstrengungen hätte die BVG schon heute aufgrund der Finanzsituation keine Chance, gegen die mit aller Macht auf den öffentlichen Verkehrsmarkt drängenden privaten Anbieter zu konkurrieren.

Zumindest aus arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Gründen muß das Land Berlin aber ein unmittelbares Interesse daran haben, daß die BVG auch zukünftig zumindest einen erheblichen Teil der Verkehrsleistungen erbringt.

IGEB-Forderung

Deshalb und damit aus dem Sinkflug der BVG nicht ein finanziell für das Land Berlin nicht mehr beherrschbarer freier Fall wird (das Land Berlin haftet als Gewährsträger allein und uneingeschränkt und hat noch dazu durch das Eigenbetriebsreformgesetz eine gesetzliche Weiterbeschäftgungsverpflichtung für die ca. 16.000 BVG-Mitarbeiter), muß der Senat u.a. endlich dafür sorgen, daß Beschleunigungsmaßnahmen bei Straßenbahn und Bus sofort umgesetzt werden, um einen effizienteren Betrieb und gleichzeitig eine Attraktivitätssteigerung zu erreichen, daß eine Entlastung von infrastrukturbedingten Mehraufwendungen erfolgt und daß das Eigenkapital wieder auf eine wirtschaftlich vertretbare Basis erhöht wird.


3. "Tarifanpassungen" - mit schönen Worten und dreisten Argumenten wird die Preistreiberei im öffentlichen Nahverkehr fortgesetzt

In keinem Bereich der Verkehrspolitik werden seit Jahren so elementare Fehler gemacht, wie in der Tarifpolitik. Eine seit Jahren anhaltende Preistreiberei mit ein und teilweise sogar zwei Tariferhöhungen pro Jahr wird noch immer beschönigend als Tarifanpassungen verkauft. Angepaßt (woran eigentlich ?) werden nicht die Tarife, sondern die Fahrgäste passen sich den veränderten Verhältnissen an, denn als Reaktion auf die Preistreiberei nehmen die Fahrgastzahlen der BVG seit Jahren ab. Wie dramatisch dieser Rückgang ist, zeigen zwei Auswirkungen:

- Als Folge der Tariferhöhungen verliert die BVG so viele Fahrgäste, daß die Einnahmen trotz Verteuerung seit Jahren kaum noch steigen.

- Die Verluste der BVG sind so dramatisch, daß die deutschen Nahverkehrsbetriebe 1997 insgesamt weniger Fahrgäste beförderten, obwohl die meisten Betriebe ihre Fahrgastzahlen halten oder sogar leicht steigern konnten.

Das Ausmaß der Tarifsteigerungen wird deutlich, wenn man bedenkt, daß die allgemeinen Lebenshaltungskosten in Berlin seit 1991 um rund 17 % gestiegen sind, während der öffentliche Nahverkehr um 50 bis 100 %, für Schüler und Senioren sogar um mehr als 100 % teurer wurde.

Äußerst ärgerlich sind auch die immer wieder vorgebrachten Preisvergleiche mit westdeutschen Ballungsräumen. Viele Verantwortliche haben offensichtlich noch immer nicht begriffen, daß der Verbundraum Berlin/Brandenburg im Osten Deutschlands liegt. Hier verdienen die Menschen derzeit rund 25 % weniger, und das Unternehmen Prognos erwartet auch langfristig ein Einkommensgefälle von rund 20 %. Dieses Gefälle ist noch größer, wenn man die Einkommenshöhe in Wohlstandsregionen wie München oder Stuttgart betrachtet.

Fatal ausgewirkt haben sich auch die strukturellen Veränderungen im Rahmen der einzelnen Tariferhöhungen. Da die Umweltkarte im Vergleich zum Einzelfahrschein und vor allem zur Tageskarte immer unattraktiver wurde, hat die BVG große Verluste durch Kündigungen von Umweltkartenabonnements erlitten.

Die Tarifpolitik in Berlin/Brandenburg ist verkehrs-, umwelt- und sozialpolitisch katastrophal. Und mit der Einführung des derzeit geplanten Verbundtarifes wird das Fahren nur wenig attraktiver, sondern vor allem teurer.

IGEB-Forderung

Der Berliner Fahrgastverband IGEB fordert ein radikales Umschwenken zurück zu preiswerteren Umweltkarten, die Senkung der Sozialtarife und eine mindestens zweijährige Stabilität bei den anderen Tarifen.


4. Chaotische Pläne für den Verbundtarif

Weder Fachleute noch Fahrgäste verstehen, was die Verbundgesellschaft nach mehrjähriger Arbeit vorgelegt hat.

Die Schaffung eines gemeinsamen Tarifverbundes in Berlin und Brandenburg ist sinnvoll und notwendig. Aber das bisher vorgesehene Tarifsystem mit seinen über 1.500 Tarifwaben, unterschiedlichen Bezugssystemen für Zeitkarten einerseits und Einzelfahrkarten andererseits und den daraus resultierenden ca. 500 verschiedenen Preisstufen führt zu einem völlig unübersichtlichen Tarifchaos. Kein Fahrgast kann ein solches Tarifsystem begreifen, und es werden mehr potentielle Fahrgäste abgeschreckt als durch den Verkehrsverbund gewonnen werden können. Und gleichzeitig setzt dieses Tarifsystem auch umfangreiche Investitionen voraus: So ist z.B. kein einziger der BVG-Fahrkartenautomaten für dieses Tarifsystem geeignet.

Andere Verkehrsverbünde (wie z.B. der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr) haben bewiesen, daß es auch für größere Verbundräume möglich ist, ein einfaches und überschaubares Tarifsystem zu entwickeln.

Auch angesichts der Vielzahl noch völlig offener Fragen im Zusammenhang mit dem Tarifsystem (insbesondere über die Einnahmeaufteilung zwischen den beteiligten Verkehrsunternehmen) erfolgte nunmehr eine erneute Verschiebung des geplanten Einführungstermines auf den 1. November 1998.

IGEB-Forderung

Der bis zur geplanten Einführung des Verbundtarifes zur Verfügung stehende Zeitraum sollte daher genutzt werden, bisher Versäumtes nachzuholen und das Tarifmodell nochmals in Ruhe zu überarbeiten und mit allen Beteiligten abzustimmen. Eine mögliche Lösung dafür wäre z.B. das für die Zeitkarten vorgesehene Tarifsystem, das von allen Verkehrsunternehmen auch ohne nennenswerten finanziellen Aufwand umsetzbar wäre, auch für Einzelfahrkarten zugrundezulegen.


5. Beschleunigung von Straßenbahn und Omnibus in Berlin, aber den schönen Worten folgen viel zu wenig Taten

Seit 1991 gehört zu den Ritualen der Berliner Verkehrspolitik die ständige Ankündigung, Straßenbahn und Omnibus endlich so in den Verkehrsfluß einbinden zu wollen, daß sie gegenüber den anderen Verkehrsteilnehmer bevorrechtigt werden. Dazu gehören u.a. die Ausweisung von Busspuren, Markierungen der Gleisbereiche bei der Straßenbahn und die Einrichtung von Ampelvorrangschaltungen.

Durch diese Maßnahmen wäre nicht nur eine Verkürzung der Fahrzeiten, sondern auch eine Einsparung von Fahrzeugmaterial und Personalkosten möglich. Allein durch die Beschleunigung der Straßenbahn könnte die BVG jährlich einen dreistelligen Millionenbetrag einsparen.

Leider ist es fast ausschließlich bei Ankündigungen geblieben. So wurde 1996 angekündigt, die Straßenbahnlinie 6 zu einer Musterlinie in Sachen Beschleunigung umzugestalten. Entsprechende Taten fehlen noch immer.

Bezeichnend ist, daß im gerade verabschiedeten Nahverkehrsplan die Beschleunigung von Tram und Bus mit keinem Wort erwähnt wird.

IGEB-Forderung

Der Berliner Fahrgastverband IGEB fordert daher die zuständigen Senatsverwaltungen auf, endlich mit einer umfassenden Beschleunigung von Bussen und Straßenbahnen zu beginnen, damit der öffentliche Nahverkehr schneller, pünktlicher und billiger wird.


6. Bauarbeiten - zu viele Leiden für attraktiveres Fahren in ferner Zukunft

Ein Dauerthema im Berlin der Nachwende-Zeit sind die Beeinträchtigung des Fahrgastbetriebes durch Bauarbeiten. Nun sind solche Beeinträchtigungen angesichts der derzeit gewaltigen, in der Regel zum Nutzen der Fahrgäste initiierten Bauvorhaben unvermeidlich. Dennoch mangelt es in Berlin seit Jahren an der Abstimmung unterschiedlicher Bauvorhaben, so daß es immer wieder vorkommt, daß im Abendverkehr oder am Wochenende auf mehreren S- und U-Bahn-Linien gleichzeitig Takterweiterungen, Pendelverkehr oder Schienenersatzverkehr mit Bussen die Fahrgäste belasten und ein Ausweichen selbst bei Umwegfahrten nicht möglich ist.

Bei der S-Bahn wird das Problem durch die strikte Trennung der Zuständigkeiten - hier die für den Bau zuständigen Geschäftsbereiche der DB AG, dort die den Betrieb durchführende S-Bahn Berlin GmbH - noch verschärft. Aber auch der BVG-Betrieb muß sich auf den Berliner Straßen immer wieder wenig fahrgastfreundliche Vorgaben von dritter Seite (Senatsverkehrsverwaltung, Tiefbauämter, Polizei) unterordnen.

Die Verkehrsbetriebe - einerseits also auch "Opfer" der Bauerei - sind andererseits oft nicht in der Lage, die Belastungen für die Fahrgäste erträglich zu gestalten. Hauptmangel ist hierbei die Fahrgastinformation. So fehlt oft ortskundiges Personal, daß "gestrandeten" Fahrgästen besser helfen kann, als jede noch so gut gestaltete Informationsbroschüre. Außerdem gibt es in der Metropole und Hauptstadt bis heute nur äußerst selten mehrsprachige Informationen.

IGEB-Forderung

Der Berliner Fahrgastverband IGEB fordert,

- bei allen Baumaßnahmen immer auch die Belastbarkeit der Fahrgäste zu berücksichtigen und ggf. auch Arbeiten zu strecken oder zu verschieben,

- insbesondere bei der Straßenbahn das Arbeiten "unter dem rollenden Rad" auszuweiten,

- die Fahrgastinformation bei Veränderungen durch Bauarbeiten zu verbessern, insbesondere durch mehr und qualifizierteres Personal.


7. Behindertengerechte Verkehrsmittel erforderlich, auch für die Straßenbahn

Die Integration Behinderter ist ein zentrales Ziel der Berliner Politik, dokumentiert mit den "Leitlinien zum behindertengerechten Ausbau Berlins".

So werden seit Jahren große Anstrengungen zur behindertengerechten Umgestaltung der Berliner Schnellbahnhöfe unternommen. Dazu gehört insbesondere der Einbau von rollstuhlgerechten Liften. Leider werden diese teuren Umbauten dadurch entwertet, daß diese Lifte häufig gestört sind.

Die Busse der BVG werden bis 1999 behindertengerecht sein.

Im krassen Gegensatz steht dazu die Straßenbahn in Berlin. Noch bis vor kurzem war geplant, den Wagenpark der Straßenbahn so zu ergänzen und zu ersetzen, daß 80 % des Straßenbahnnetzes mit Niederflurtechnik befahren werden. Leider gehören diese Planungen der Vergangenheit an. Wegen zurückgehender Fahrgastzahlen und zu hoher Anschaffungskosten werden Niederflurbeiwagen überhaupt nicht beschafft, aber auch die Stückzahlen für neue Niederflur-Straßenbahnen wurden drastisch reduziert.

So kann die BVG nach eigener Aussage in den nächsten Jahren nur auf 40 % des Netzes behindertengerechte Fahrzeuge einsetzen. Damit werden insbesondere im Ostteil Berlins Behindertete immer noch um die ihnen zustehende Mobilität betrogen.

IGEB-Forderung

Der Berliner Fahrgastverband IGEB fordert die BVG zum wiederholten Male auf, für die modernisierten Tatra­Straßenbahnen vom Typ KT4D Niederflurmittelteile zu beschaffen. Mit dieser kostengünstigen Maßnahme könnte ein großer Teil des Straßenbahn-Streckennetzes behindertengerecht werden.


8. Die Verkehrsunternehmen sind fahrgastfreundlicher geworden, aber es bleibt noch viel zu tun

In den letzten Jahren sind die Verkehrsunternehmen in punkto Kundenorientierung und Dienst­Leistung ein gutes Stück vorangekommen.

Beschwerden werden inzwischen zügig beantwortet, Verbesserungsvorschläge von Fahrgästen nicht einfach vom Tisch gewischt. Eine besondere Initiative hat die BVG mit Ihrer vorerst bis Ende des Jahres befristeten Qualitätsgarantie ergriffen: Macht man sich in Bussen, Tram oder U­Bahn schmutzig, so kann man die Erstattung der Reinigungskosten verlangen, und bei Ausfällen bzw. Fahrplanabweichungen von mehr als 20 Minuten Dauer werden das Fahrgeld oder sogar die Taxirechnung erstattet. Die BVG geht damit erfreulicherweise deutlich über die gesetzlich vorgeschriebenen Leistungen hinaus.

Das reicht aber nicht, denn die Garantie der BVG bezieht sich natürlich nur auf Leistungen, die von ihr gefahren werden. Die Fahrgäste der S­Bahn bleiben dagegen "im Regen" stehen. Warum ist die S­Bahn Berlin GmbH dem Beispiel der BVG bisher nicht gefolgt ?! Auch ist nicht einzusehen, daß Fahrgäste Recherchen betreiben müssen, welches Unternehmen den jeweiligen Ausfall bzw. die Verspätung zu verantworten hat. Wozu gibt es eine Verbundgesellschaft, die das Zusammenwirken der Verkehrsunternehmen steuern soll.

IGEB­Forderung

- Alle Verkehrsunternehmen müssen dauerhaft derartige Garantieversprechen abgeben, wie es jetzt bei der BVG probeweise geschieht,

- und die Verbundgesellschaft sollte die Koordination und Bearbeitung der Garantieforderungen zentral durchführen.

© Berliner Fahrgastverband IGEB e.V.