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Pressemitteilung vom 12. Februar 2007

Berliner Hauptbahnhof aus Fahrgastsicht

Berliner Fahrgastverband IGEB sagt, worüber sich viele Reisende wirklich ärgern

Besucheransturm, Dächerstreit, Architekturpreis, Orkanschäden - der neue Berliner Hauptbahnhof ist seit seiner Eröffnung Ende Mai 2006 noch immer ständig in den Schlagzeilen. Für viele Fahrgäste ist er aber auch längst zum vertrauten Ankunfts- und Umsteigebahnhof geworden. Die beeindruckende Architektur dieses außergewöhnlichen Verkehrsknotens kann jedoch nicht länger von den Unzulänglichkeiten im Detail ablenken.

Aus gestalterischer Sicht ist der Streit über die zu kurzen Dächer oben und die zu flachen Decken unten verständlich. Aber die Belange der Reisenden berührt das wenig oder gar nicht, denn nur zwei ankommende bzw. zwei abfahrende Züge pro Stunde stehen mit einigen Wagen außerhalb der Überdachung.

Gravierender ist das Chaos auf den Vorplätzen, verursacht durch Taxis, Parksuchverkehr und behindernd abgestellte Autos, Motorräder sowie Fahrräder. Das Problem wollen Bahn, Senat und Bezirk nun immerhin angehen. Aber es gibt sehr viel mehr zu tun.

  1. Unzulängliche Informationen zum Regionalverkehr
    Für die Reisenden im Regionalverkehr sind die Linienbezeichnungen (RE1, RE2 usw.) zu der entscheidenden Orientierungshilfe geworden. Jahrelang hat sich der Berliner Fahrgastverband IGEB dafür engagiert, bis diese Linienbezeichnungen endlich am Bahnhof Zoo oder auch Friedrichstraße und Alexanderplatz hinzugefügt wurden. Ausgerechnet am neuen Hauptbahnhof (und auch in Südkreuz) fehlen diese Angaben an vielen Stellen. Da lesen die Fahrgäste wieder nur eine Zugnummer, mit der sie überhaupt nichts anfangen können. Zum Beispiel RE 38033. Und bei diesem Zug hilft dann nicht einmal die Zielangabe "Cottbus". Ist es nun ein RE1 über Erkner oder ein RE2 über Königs Wusterhausen?
  2. Zeitverlust beim Umsteigen im Bahnhof
    Wer die attraktiven Panoramaaufzüge nicht als Bahnhofsbesucher, sondern als Umsteiger nutzt, wundert bzw. ärgert sich über das langsame Öffnen und Schließen der Türen sowie das langsame Fahren. Hier sollte doch ein wenig mehr Großstadttempo möglich sein, ohne dass die Sicherheit oder das Wohlfühlen beeinträchtigt würden.
  3. Beschwerliches Umsteigen zu den BVG-Bussen
    Umsteiger zwischen Bahn und Bus haben es besonders schwer. Innerhalb des Bahnhofs ist die Ausschilderung und außerhalb sind die Wege zu den Haltestellen unübersichtlich. Wer vom Hauptbahnhof kommend die Invalidenstraße überqueren will, um zu den Bushaltestellen auf der Nordseite zu gelangen, muss sich zusätzlich mit einer Fußgängerampel herumärgern, die nur auf Anforderung und nach langem Warten "Grün" zeigt. Solche Ampeln sind nur dort üblich, wo es lediglich schwache Fußgängerströme gibt. Eine solche Ampel vor den Berliner Hauptbahnhof zu bauen, ist eine Frechheit gegenüber den vielen Busfahrgästen, die ohnehin schon durch die viel zu weit entfernten Bushaltestellen gestraft sind.
  4. Ungeschütztes Warten auf die BVG-Busse
    An allen Bushaltestellen rund um den Hauptbahnhof fehlen ausreichende Unterstellmöglichkeiten für die Fahrgäste. Von diesem Problem sind sehr viel mehr Reisende betroffen, als vom zu kurzen Bahnsteigdach.
  5. Fehlender Halt für Buslinie TXL Alex-Hbf-Flughafen Tegel
    Ärgerlich ist außerdem, dass der TXL-Bus auf dem spreeseitigen Bahnhofsvorplatz an der Haltestelle des M41 ohne Halt vorbeifährt, so dass Fahrgäste aus der City-Ost zum Hauptbahnhof erst auf der Invalidenstraße aussteigen können und durch den weiteren Fahrweg sowie das Überqueren der breiten Fahrbahnen mit der Anforderungsampel wertvolle Minuten für das Erreichen ihres Zuges verlieren.

Der Berliner Fahrgastverband IGEB fordert Bahn, Senat, Bezirk und BVG auf, diese Alltagsprobleme vieler Fahrgäste endlich ernster zu nehmen und kurzfristig zu lösen. Die Kosten wären nur gering, der Nutzen für die Reisenden und den Berliner Hauptbahnhof insgesamt aber hoch.

Mittelfristig genügt es jedoch nicht, die Umsteigewege Bahn-Bus attraktiver zu machen, sondern sie müssen vor allem verkürzt werden. Außerdem muss endlich die Straßenbahn zum Hauptbahnhof gebaut werden.

Christfried Tschepe, VorsitzenderJens Wieseke, Stv. Vorsitzender

Mehr zu dem Thema finden Sie unter http://www.igeb.org/position.html

 

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