Pressemitteilung vom 15. Dezember 2003

VBB-Tarif 2004 in Berlin:

Strukturelle Verbesserungen und unverantwortliche Verteuerungen

Berliner Fahrgastverband IGEB fordert vom VBB-Aufsichtsrat und vom Berliner Senat Korrekturen

Am kommenden Mittwoch wird der Aufsichtsrat des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg über die neuen VBB-Tarife entscheiden. Der Berliner Fahrgastverband IGEB begrüßt ausdrücklich einige der beabsichtigten strukturellen Änderungen. Zugleich kritisiert er die zum Teil extremen Preissteigerungen, die rechnerisch noch größer sind, als von den Verkehrsbetrieben angegeben, da die Erhöhung nicht erst zum 1. August, sondern zum 1. April 2004 erfolgt, also nur 8 Monate nach der letzten Erhöhung.

Das unterstützen wir:

 

  1. Die Einführung einer Berliner 10-Uhr-Sparkarte.
    Mit dieser Monatskarte, die montags - freitags erst ab 10 Uhr sowie am Wochenende ganztägig gilt, wird eine jahrelange IGEB-Forderung erfüllt. Die 10-Uhr-Sparkarte ist insbesondere auch ein gutes Angebot für Senioren, die in Berlin bisher nur bei sehr geringem Einkommen eine verbilligte Monatskarte bekamen.
  2. Die Zusammenlegung von Standardkarte und Premiumkarte zur Umweltkarte
    Die Reduzierung des Angebotes auf nur noch eine Monatskarte bzw. Jahreskarte macht das Angebot attraktiver und übersichtlicher. Auch die neue Regelung, dass Fahrgäste für ein mitgeführtes Fahrrad künftig einen Ermäßigungsfahrschein (bisher Nor-malfahrschein) oder eine preiswerte Zusatzmarke zu ihrer Umweltkarte erwerben müssen, ist akzeptabel.
  3. Die Preissenkung beim Einzelfahrschein.
    Der Berliner Fahrgastverband IGEB begrüßt, dass der Preis des Berliner Einzelfahrscheins AB von 2,20 Euro auf 2 Euro gesenkt werden soll. Die mit der Preissenkung verbundene Abschaffung der uneingeschränkten 2-stündigen Nutzbarkeit von AB- und ABC-Fahrscheinen ist jedoch ein erheblicher Rückschritt, weil die Klarheit eines nur durch Zeitbeschränkung bestimmten Tarifs verloren geht und gerade ärmere Fahrgäste, die vor allem den 2-Stunden-Fahrschein für Hin- und Rückfahrt genutzt haben, hart getroffen werden.

Das fordern wir:

 

  1. Die 10-Uhr-Sparkarte muss preiswerter sein.
    Die 10-Uhr-Sparkarte ist mit monatlich 49,50 Euro für Berlin AB zu teuer. Denn diese neue Karte ist das einzige Ersatzangebot für Fahrgäste, die bisher berechtigt sind, die ermäßigte Seniorenkarte (zurzeit 39,50), die Sozialkarte (20,40) oder die Arbeitslosenkarte (23,50) zu erwerben. Diese Kritik adressieren wir ausdrücklich nur an den Berliner Senat und nicht an die Verkehrsbetriebe. Das Land Berlin darf nicht den Verkehrsbetrieben die Zuschüsse für Ermäßigungen streichen und erwarten, dass S-Bahn und BVG dennoch die Sozialtarife erhalten können.
  2. Die Mitnahmemöglichkeiten der Premiumkarte müssen auch für die Umweltkarte gelten.
    Die Umweltkarte Berlin AB soll mit 64 Euro 5,50 Euro mehr Kosten als die bisherige Standardkarte. Diese Preiserhöhung von fast 10 % ist zu hoch. Die Verkehrsbetriebe rechtfertigen sie mit der bisher nur bei der Premiumkarte gegebenen Möglichkeit, ab 20:00 und am Wochenende einen zweiten Erwachsenen mitzunehmen. Die Premiumkarte ermöglicht allerdings in diesen Zeiten zusätzlich auch die Mitnahme von bis zu drei Kindern. Diese Regelung muss uneingeschränkt für die Umweltkarte übernom-men werden. Ansonsten wären die 64 Euro nicht nur zu hoch, sondern ein unverschämter Wucherpreis.
  3. Ersatzangebot für den uneingeschränkten 2-Stunden-Fahrschein Berlin AB.
    Um Fahrgästen, die den 2-Stunden-Fahrschein Berlin AB bisher für Hin- und Rückfahrt genutzt haben, einen Preissprung von 2,20 Euro auf 4 Euro zu ersparen, soll beim Fahrschein Berlin ABC auf die Beschränkung der Nutzbarkeit auf nur eine Fahrtrichtung verzichtet werden. Somit würde eine Hin- und Rückfahrt in zwei Stunden innerhalb Berlins "nur" von 2,20 Euro auf 2,60 Euro verteuert.

Fazit

 

  1. Der Berliner Fahrgastverband IGEB begrüßt, dass bei der Tariferhöhung 2004 wichtige strukturelle Verbesserungen im Berliner VBB-Tarif vorgenommen werden. Das gilt insbesondere für die Einführung einer 10-Uhr-Sparkarte, für die Zusammenlegung von Premium- und Standardkarte bei den Monats- bzw. Jahreskarten sowie für die Einführung eines günstigeren Einzelfahrscheins.
  2. Der Berliner Fahrgastverband IGEB kritisiert, dass für die Mehrzahl der Berliner Fahrgäste zum 1.4.2004 eine Tariferhöhung eintritt, die erneut deutlich über der Inflationsrate und der allgemeinen Einkommensentwicklung liegt.
  3. Der Berliner Fahrgastverband IGEB kritisiert ferner, dass den ständigen überdurchschnittlichen Tariferhöhungen für die Fahrgäste bei gleichzeitigem Abbau des Verkehrsangebotes, insbesondere beim BVG-Busverkehr, keine entsprechenden Einsparmaßnahmen bei den Verkehrsbetrieben gegenüber stehen und dass viele Einsparpotenziale durch die Verkehrspolitik verhindert werden.
  4. Der Berliner Fahrgastverband IGEB kritisiert, dass mit der Abschaffung aller Sozialtarife bei den Monatskarten gerade die ärmeren Fahrgäste besonders hart getroffen werden, während die Autofahrer durch kostenloses Kurzparken sogar noch entlastet werden sollen.

    Ausgerechnet die SPD und die PDS, die das Wort "sozial" in ihren Parteinamen führen, entfernen sich in Berlin mit großen Schritten von einer sozial gerechten Verkehrspolitik.

Christfried Tschepe
Stellvertretender Vorsitzender

Matthias Horth
Stellvertretender Vorsitzender

© Berliner Fahrgastverband IGEB e.V.