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Kritik an Straßenbahn-Baustopp

08.03.2003

Senator Strieder storniert Bauauftrag für Alex-Linie - Koalitionspartner PDS verärgert - Fahrgastverband: "Schildbürgerstreich"
Unverständnis und scharfe Kritik haben Verkehrssenator Peter Strieders (SPD) Pläne für einen Ausbaustopp des Straßenbahnnetzes ausgelöst. Der Berliner Fahrgastverband sprach von einem "Schildbürgerstreich", die Grünen nannten die Entscheidung eine "Ordre de Mufti". Zu Wochenbeginn hatte Strieder die für das Projekt "Alex II" zuständigen Berliner Verkehrsbetriebe angewiesen, die Arbeiten an der geplanten Linie zwischen Mollstraße und Rotem Rathaus zu beenden. Zuvor hatte er bereits Straßenbahn-Planungen für die Wissenschaftsstadt Adlershof und die Leipziger Straße storniert.

"Das ist unsinnig, denn es wird bereits gebuddelt, Planungsrecht liegt vor und bewilligte Bundesmittel, mit denen 80 Prozent finanziert werden, müssen 2003 ausgegeben werden", schimpft Matthias Horth vom Berliner Fahrgastverband. Die Linie Alex II würden täglich 20 000 Berliner nutzen.

Auch Verkehrsexperte Michael Cramer von den Grünen ist wütend: "Strieder ist nach drei Jahren ebenso schlecht als Verkehrssenator wie seine CDU-Vorgänger. Die haben in ihrer Amtszeit ebenfalls keinen einzigen Meter Schiene verlegt. Ich frage mich, was ein Koalitionsvertrag eigentlich noch wert ist." Der BVG entgingen durch den Baustopp der Straßenbahn zwischen Prenzlauer Tor und Berlins Regierungssitz jährlich Einnahmen von bis zu einer Million Euro, argumentiert Cramer.

Auch den Koalitionspartner hat Strieder verärgert: "Wir waren über den Baustopp nicht informiert. Da ist das letzte Wort noch längst nicht gesprochen", kündigt die verkehrspolitische Sprecherin der PDS, Jutta Matuschek, Widerstand an.

"Peter Strieder wird dem Senat bald einen Infrastrukturplan vorlegen, der auch alle Straßenbahnprojekte enthält", erläutert Petra Rohland, Sprecherin der Verkehrsverwaltung. Strieders Baustopp sei erfolgt, um "nicht weiter unnötig Geld zu verbauen".

BVG-Vorstand Hans-Heino Dubenkropp bestätigt einen entsprechenden Deal auf höchster Ebene. "Am Montag hat Verkehrsstaatssekretärin Krautzberger uns die Pläne erläutert. Wir haben gern zugestimmt, da uns im Gegenzug etwa fünf Millionen Euro zur Sanierung von U-Bahnhöfen im Westteil der Stadt zugesagt wurden."

"Instandhaltung und Sanierung gehen vor Neubau", begründet SPD-Verkehrsexperte Christian Gaebler den Straßenbahn-Baustopp. "Der Bau der Straßenbahn zwischen Bernauer Straße und Nordbahnhof ist sinnvoller. Wir müssen entscheiden, was machbar ist. Alex II wird nicht aufgehoben, sondern nur aufgeschoben."

"Bis an der Bernauer Straße gebaut werden kann, dauert es noch Jahre. Dort sind nicht einmal Planungsvorarbeiten erledigt", widerspricht Fahrgastvertreter Horth.

Beifall erhält Strieder jedoch von der Union: "Wir weinen dem Straßenbahnbau dort keine Träne nach", begrüßt Alexander Kaczmarek Strieders "Kehrtwende".

Autor/Agentur: Corinna Schlag
Quelle: Berliner Morgenpost
Medium: Tageszeitung
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