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Bahn verschiebt Arbeiten ins Frühjahr

01.12.2006

Bald zweieinhalb Jahre nach dem Zugbrand ist der Anhalter Bahnhof noch immer nicht saniert
Die unendliche Geschichte um die Sanierung des S-Bahnhofs Anhalter Bahnhof bekommt ein neues Kapitel: Die Deutsche Bahn AG teilte jetzt mit, dass die Instandsetzung des Eingangsbereichs und der Bau einer Deckenverkleidung nicht wie vorgesehen zum Jahresende erfolgt, sondern auf Frühjahr 2007 verschoben ist - also einen Termin bald drei Jahre nach dem schweren Brand in einem S-Bahn-Wagen. Die Bahn macht dafür vor allem die schwierigen Verhandlungen mit der Versicherung verantwortlich, die noch immer nicht abgeschlossen seien.

Parteien und Verkehrsverband kritisieren dagegen die Bahn scharf und fordern, umgehend für die Fertigstellung zu sorgen. Es ist von "Schlamperei" und "Fahrgastveräppelung" die Rede. SPD-Verkehrsexperte Christian Gaebler: "Ich erwarte, dass die Bahn endlich zu ihrem gegebenen Wort steht und den Bahnhof unverzüglich saniert."

Auseinandersetzung mit Versicherung

Das verspricht Bahnsprecher Burkhard Ahlert. Derzeit laufe die Ausschreibung für die Planung der noch zu erledigenden Bauarbeiten. Allein 1,5 Millionen Euro sind für die 5000 Quadratmeter große abgehängte Decke veranschlagt. Weitere Kosten entstehen unter anderem durch Arbeiten im Zugangsbereich. Allein 2,5 Millionen Euro hatte der Einbau der Brandschutz-Technik gekostet.

510 000 Euro musste die Bahn außerdem für den zweiten Ausgang zum Tempodrom bezahlen. Ahlert: "Wir haben den Anhalter Bahnhof nach den neuesten brandschutztechnischen Erfordernissen ausgestattet, die Versicherung will aber nur den Brandschaden übernehmen. Deswegen müssen wir jedes einzelne Detail Punkt für Punkt durchgehen. Dieses Prozedere gestaltet sich schwierig." Aus diesem Grunde habe man die Sanierung nicht zum Jahresende schaffen können, so der Bahnsprecher.

Das verstehen Verkehrsexperten kaum. Jens Wieseke vom Fahrgastverband IGEB findet es "ärgerlich", dass die Bahn mehr als zwei Jahre benötige, um die Brandschäden zu beseitigen. "Rings um den Anhalter Bahnhof ist ein kleines Hotelviertel entstanden, da ist der Bahnhof eine Visitenkarte für die Stadt", so Wieseke. Die herausgeschobene Sanierung dürfe nicht zu Lasten der Fahrgäste gehen.

Der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Rainer Ueckert, verlangt von der Bahn, auf die Tube zu drücken. "Für eine solche Sanierung kann man ja nicht Jahre brauchen." FDP-Umweltexperte Klaus-Peter von Lüdeke: "Die Bahnkunden haben einen Anspruch darauf, einen ordentlichen Bahnhof vorzufinden. Es ist eine Schlamperei, dass die Bahn die Fertigstellung so lange verzögert hat."

Und der Fraktionssprecher der SPD, Peter Stadtmüller, moniert, dass der Bahnhof mit seinen herunterhängenden Kabeln, der unverkleideten Betondecke und der Baustelle im Eingangsbereich in "skandalösem Zustand" sei. "Mit ihrer ständigen Zeitverschiebung glaubt die Bahn offensichtlich, ihre Fahrgäste veräppeln zu können."

Pleiten, Pech und Pannen

Die Sanierung des Anhalter Bahnhofs nach dem Brand vom 10. August 2004 gestaltete sich von Anfang an schwierig. Die Serie von Pleiten, Pech und Pannen begann mit dem Konkurs eines Planungsbüros. Die Bahn ging dann fälschlicherweise davon aus, Denkmalschutzaspekte beachten und teure Lampen kaufen zu müssen - bis sich herausstellte, dass nur der Portikus des alten Fernbahnhofs geschützt ist. Erst am 20. Dezember 2005 konnten wieder die Züge aus allen Richtungen im S-Bahnhof halten.

Zur WM versprach die Bahn, den Eingangsbereich provisorisch anzustreichen, den Bauzaun zu verkleiden und den Zugang ansehnlicher zu machen. Doch nichts geschah. Nun aber soll alles besser werden. Nach Angaben der Bahn soll auch der Imbiss bald wieder öffnen; der alte Pächter hatte aufgegeben. Und ein Blumenladen soll das Ganze ergänzen. Wenn es alles klappt, im Frühjahr 2007.

Autor/Agentur: Stefan Schulz
Quelle: Berliner Morgenpost
Medium: Tageszeitung
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