Pressedienst vom 7. März 2003

Zuständig für Stagnation

Fahrgastverband kritisiert Senator Strieder wegen des Stopps von Alex II

Aus und vorbei. Obwohl bereits mit den Bauarbeiten begonnen wurde, will Stadtentwicklungssenator Peter Strieder die Weiterführung der Straßenbahnstrecke vom Prenzlauer Tor über Karl-Liebknecht-Straße und Dircksenstraße zum Roten Rathaus (das so genannte Projekt Alex II) für mehrere Jahre zurückstellen. Quasi über Nacht soll ein wichtiges Bauvorhaben nach einem immerhin fast 10-jährigen Abstimmungs- und Planungsprozess gestoppt werden, obwohl das Planfeststellungsverfahren unmittelbar vor dem Abschluss steht und sogar schon Baumaßnahmen für ca. 4 Mio € durchgeführt worden sind und obwohl bei kaum einer anderen der geplanten Neubaumaßnahmen im Berliner S-Bahn-, U-Bahn- und Straßenbahnnetz der Nutzen so offensichtlich ist:

  1. Der Neubauabschnitt ermöglicht die Führung der Straßenbahnlinie 1 zum Alexanderplatz, womit für täglich ca. 20.000 Fahrgäste erstmals eine Umsteigemöglichkeit zu den RegionalExpresslinie auf der Stadtbahn und zur U5 und ein Umsteigen zur S-Bahn (Stadtbahn) und zu den U-Bahn-Linien U2 und U8 ohne Umwegfahrt über die Torstraße angeboten werden kann. Und schließlich würde der Alexanderplatz, der durch Neubauten für immer mehr Fahrgäste ein Fahrziel ist bzw. wird, endlich auch aus der Prenzlauer Allee direkt erreichbar sein. Wie wichtig die Direktanbindung zum Alexanderplatz ist, zeigen die großen Fahrgastzuwächse auf den seit Ende 1998 wieder aus der Greifswalder Straße und der Landsberger Allee zum Alex verkehrenden Linien.
  2. Nach der Fertigstellung der Straßenbahnverlängerung zum Alex wird es eine Neustrukturierung des Straßenbahnliniennetzes im Citybereich insgesamt geben, so dass für die BVG nicht nur zusätzliche Einnahmen aufgrund zusätzlicher Fahrgäste erzielbar sind, sondern zugleich können die Ausgaben der BVG aufgrund einer deutlichen Reduzierung des betrieblichen Aufwandes gesenkt werden.
  3. Die Finanzierung der Neubaustrecke erfolgt aus Geldern des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (GVFG). Das heißt: 80 % der Mittel stellt der Bund zur Verfügung. Die Überlegungen zur Umschichtung der Mittel in die Sanierung des West-Berliner U-Bahn-Netzes werfen zum einen rechtliche Fragen zur Zulässigkeit eines solchen nur in den neuen Bundesländern gestatteten Mitteleinsatzes auf, zum anderen ist die technische Umsetzbarkeit zumindest 2003 wegen diverser anderer Bauvorhaben im U-Bahn-Netz fraglich.
  4. Auch die anderen Überlegungen, die Gelder zugunsten des Straßenbahnwiederaufbaus in der Bernauer Straße einzusetzen, würden 2003 zwangsläufig zum Verlust der Gelder führen, da das zunächst erforderliche Planfeststellungsverfah-ren in keinem Fall mehr in diesem Jahr abgeschlosen werden kann.

Fazit:
Bei der Verlängerung der Straßenbahn vom Prenzlauer Tor zum Alexanderplatz handelt es sich unter Kosten-Nutzen-Gesichtspunkten, aber auch aus verkehrlichen und umweltpolitischen Gründen, um das derzeit wichtigste Projekt zur Verbesserung des Berliner ÖPNV-Netzes. Dass Senator Peter Strieder ausgerechnet dieses, noch dazu begonnene Bauvorhaben kippen will, disqualifiziert ihn nicht nur als Verkehrs-, sondern erst recht als Stadtentwicklungssenator und festigt seinen Ruf als Stagnationssenator.

gez. Stellv. Vorsitzender: Matthias Horth

© Berliner Fahrgastverband IGEB e.V.