Pressedienst vom 15. Dezember 2002

Rute statt Bescherung

Der Fahrplanwechsel am 15.12. ist für die Bahnfahrgäste kein Freudentag.

Neue Fahrpläne und neue Tarife bei der Deutschen Bahn AG. Der heutige 15. Dezember sollte eine neue Ära im Schienenverkehr einleiten. Doch die meisten Kunden sind verärgert, auch der Berliner Fahrgastverband IGEB.

Verärgerung über das neue Tarifsystem
Am Freitagabend befasste sich die Mitgliederversammlung des Berliner Fahrgastverbandes IGEB mit den neuen Tarifen bei der Bahn und beschloss einstimmig: Das neue Tarifsystem der DB AG muss vereinfacht und verbessert werden. Entgegen der vollmundigen Werbung der DB ist der neue Tarif nicht einfacher, aber für eine Vielzahl der Bahnkunden teurer. Zentrale IGEB-Forderungen sind die Anerkennung der 25- und 40-Prozent-Rabatte auch für einfache Fahrten und vor allem die Beibehaltung der bisherigen Bahncard 50. Die in der letzten Zeit große Nachfrage nach dieser Karte zeigt eindrucksvoll, wie ungebrochen attraktiv dieses Angebot ist: Einmal zahlen und dann ohne jede Zugbindung immer zum halben Preis fahren.

Fehlende InterRegios
Die Streichung eines Großteiles des IR-Zugangebotes bedeutet für zahlreiche Fahrgäste Angebotsverschlechterungen und Verteuerungen. Zwei Beispiele aus Berlin:
- Der IR, der bisher Berlin Zoo ab 21:55, Leipzig Hbf an 00:32 verkehrte, ist ersatzlos gestrichen. Ab heute muss bereits um 20:16 der ICE mit Ankunft um 22:02 bestiegen werden. Dass so früh die letzte Zugverbindung von Berlin nach Leipzig angeboten wird, ist auch deshalb unverständlich, weil in deutlich weiter entfernte Städte im Westen Deutschlands spätere ICE-Züge verkehren, z.B. nach Frankfurt am Main, Köln, Bremen und Hamburg.
- Die Streichung des (mit VBB-Tickets nutzbaren) IR von Berlin über Prenzlau nach Stralsund bedeutet, dass die Uckermark von Berlin aus nur noch im Zwei-Stunden-Takt erreichbar ist. Der statt des IR verkehrende IC ist kein akzeptabler Ersatz, da er an weniger Bahnhöfen hält und teurer ist. Das Angebot an VBB-Zeitkarteninhaber, mit dem Kauf einer Zuschlagmarke auch den IC nutzen zu können, ist zu unflexibel und insbesondere für die vielen Ausbildungspendler von und nach Prenzlau zu teuer.

Kein Kursbuch-Verkauf
Der Konfrontationskurs der DB AG gegenüber anderen Bahnanbietern ist aus Kundensicht ohnehin zu verurteilen. Doch mit ihrem harten Kurs, die Connex-Angebote nicht im Kursbuch abzudrucken, hat die DB AG nun ein Eigentor geschossen, dessen Folgen aber vor allem die Bahnkunden schmerzvoll spüren: Nach einem Gerichtsentscheid musste die DB AG den Kursbuch-Verkauf einstellen - ausgerechnet jetzt zum Fahrplanwechsel.

Der Unfug mit dem Hauptbahnhof
Schwere Zeiten für die Bahn. Da muss man Prioritäten setzen. Deswegen kümmerte sich Bahnchef Hartmut Mehdorn in diesem Jahr intensiv um die Umbenennung des Lehrter Bahnhofs und entschied nach einer scheindemokratischen Umfrage, dass der Bahnhof so heißt, wie die Abstimmenden es nicht wollten: Berlin Hauptbahnhof. Jetzt hat Berlin also einen Hauptbahnhof, der nur ein S-Bahn-Haltepunkt in einer Bauwüste ist und an dem noch vier Jahre lang kein einziger Regional- oder Fernzug halten wird und bei dem es keine Bahnhofsinfrastruktur und kein Umfeld gibt. Mehdorns Initiative verdient einen Sonderpreis für Kundendesinformati-on.
 

Vorsitzender: Gerhard J. Curth
Stellvertreter: Dipl.-Ing. Christfried Tschepe

© Berliner Fahrgastverband IGEB e.V.