Pressedienst vom 15. Mai 2001

120 Jahre elektrische Straßenbahn IGEB fordert verstärkte Anstrengungen zum Ausbau des Berliner Netzes

Die elektrische Straßenbahn ist eine Berliner Erfindung. Am 16. Mai 1881 ließ die Firma Siemens & Halske die weltweit erste mit Strom betriebene Straßenbahn vom Bahnhof Lichterfelde-Ost zur damaligen Hauptkadettenanstalt (heute Bushaltestelle Bundesarchiv) rollen. Die Entwicklung verlief damals rasend schnell: Nach einer anfänglichen "Überzeugungsphase" wurde ab 1894 in nur acht Jahren das gesamte Berliner Netz elektrifiziert.
Im Gegensatz dazu kommt der Wiederaufbau der Straßenbahn vor allem im Westteil der Stadt nur sehr schleppend voran. In den elf Jahren seit der Vereinigung erreichte die Tram erst mit einer Streckenverlängerung (im Wedding) wieder den Westteil. Dabei sind die Vorteile der Straßenbahn unter Verkehrsfachleuten heute unumstritten. Sie kann im Vergleich zur U-Bahn mit einem Zehntel der Kosten und in wesentlich kürzerer Zeit realisiert werden. Bei Umstellung von Bus- auf Straßenbahnbetrieb sind aufgrund des höheren Komforts und der höheren Reisegeschwindigkeit Fahrgastzuwächse um 50 % und mehr keine Seltenheit und das bei gleichzeitig niedrigeren Betriebskosten als eine vergleichbare Buslinie.
Der Berliner Senat beabsichtigt inzwischen zwar den weiteren Ausbau der Straßenbahn, aber eine eindeutige Trendwende vom kostenträchtigen und wenig wirtschaftlichen U-Bahnbau hin zum sehr viel effizienteren Straßenbahnbau ist offenbar nicht beabsichtigt. In der zur Zeit diskutierten Entwurfsfassung des Stadtentwicklungsplans (StEP) Verkehr sind für die Straßenbahn lediglich 33 Kilometer Neubaustrecken bis 2015 vorgesehen. Das entspricht nur 2,2 Kilometer Neubaustrecke pro Jahr bei einem derzeitigen Gesamtnetz von rd. 175 Kilometer.

Aus Sicht der IGEB ist dies bei weitem nicht ausreichend. Um der drängenden Verkehrsprobleme Herr zu werden, müssen mehr Strecken geplant und schneller realisiert werden. Gerade auch entlang von hochbelasteten Buslinien ist schon aus wirtschaftlichen Gründen die Einführung der Straßenbahn sinnvoll. So kann zum Beispiel mit einer durchgehenden Verbindung Lehnter Bahnhof Regierungsviertel - Potsdamer Platz - Hallesches Tor - Hermannplatz - Baumschulenweg eine neue innerstädtische Direktverbindung geschaffen werden, von der viele Berliner profitieren würden und die wegen ihrer hohen Auslastung auch einen wirtschaftlicheren Betrieb als entsprechende Buslinien ermöglichen würde.

Matthias Horth, stellvertretender Vorsitzender
Jens Wieseke, Abteilungsleiter Stadtverkehr

PS: Geplant sind derzeit folgende Strecken:

© Berliner Fahrgastverband IGEB e.V.