[ Zurück ]

Für den Dialog Fahrgäste – Verkehrsunternehmen

23.09.2005

Drei Fragen an Christfried Tschepe, Vorsitzender Berliner Fahrgastverband IGEB, zum 25-jährigen Jubiläum
Mit welchen Absichten entstand der Berliner Fahrgastverband IGEB?

Am 3. Juli 1980 wurde der Verband gegründet als Interessengemeinschaft Eisenbahn Berlin, um etwas gegen die schlechten Zustände im Eisenbahntransitverkehr zwischen Westberlin und Westdeutschland zu unternehmen.

Als im September 1980 die S-Bahner in Westberlin streikten, erweiterte sich das Themenfeld schnell um den Nahverkehr. Wir änderten den Namen in Berliner Fahrgastverband, behielten aber das eingeführte Kürzel IGEB bei.

Es ging zunehmend darum, die Politik, Verwaltung und Verkehrsunternehmen in einen Dialog mit den Fahrgästen zu bringen, um deren Wünsche im öffentlichen Nahverkehr zu berücksichtigen.

In den 80er Jahren betrachtete man die IGEB sogar als Sicherheitsrisiko, weil sie sich im Westteil Berlins für die von der DDR-Reichsbahn betriebene S-Bahn einsetzte. Informationen zu Verkehrsprojekten wurden damals behandelt wie Staatsgeheimnisse, oft erhielten wir sie nur inoffiziell.

Was hat der Fahrgastverband in diesen 25 Jahren erreicht?

Vor allem, dass die Verkehrsunternehmen die Fahrgäste heute als Kunden betrachten. Inzwischen suchen sie sogar selbst Kontakt zum Fahrgast – Veranstaltungen wie Tage der offenen Tür zeugen davon. Bei den jährlichen Schienenverkehrswochen des Fahrgastverbandes stellen sich inzwischen die großen Verkehrsunternehmen Berlins und Brandenburgs an Sprechtagen ganz selbstverständlich den Fahrgastfragen.

Ein Meilenstein waren die Jahre 1983/84, als wir maßgeblich dazu beitrugen, dass die S-Bahn auch in Westberlin eine Zukunft bekommt.

Die 90er Jahre brachten besonders viele Fortschritte. Formen der Bürgerbeteiligung fanden nun auch bei der Verkehrsplanung Eingang. Nach der Wende wurden erstmals Mitarbeiter der S-Bahn und der Ost-BVB Mitglieder in unserem Verband. Zu Westberliner Zeiten war das undenkbar, hätte als Geheimnisverrat gegolten.

Inzwischen ist die IGEB wie die IHK und der VBB als Gast in den Baukoordinationsrunden der Senatsverwaltung dabei, ausdrücklich unterstützt von Senatsstaatssekretärin Maria Krautzberger.

Als erstes Verkehrsunternehmen suchte die S-Bahn Berlin den regelmäßigen Austausch, dank S-Bahn-Chef Günter Ruppert. Alle zwei Monate erörtern wir mit Marketingleiter Dr. Wilfried Kramer aktuelle Probleme.

Im Beirat der Länder für den Schienenpersonennahverkehr und im VBB-Fahrgastforum sind wir von Beginn an dabei.

Ein Dankeschön an die Medien, die in den 80er Jahren als Erste auf unsere Arbeit aufmerksam machten. Der so entstandene Druck veranlasste immer mehr Politiker, uns einzubeziehen, nicht zuletzt, um eine schlechte Presse zu vermeiden.

Welche Ziele verfolgt der Fahrgastverband heute?

Generell geht es uns um die öffentliche Diskussion von Belangen des öffentlichen Nahverkehrs, um das Einbeziehen der Fahrgäste, um das Berücksichtigen ihrer Anliegen.

Zudem unterstützen wir die Länder Berlin und Brandenburg und die Landkreise in ihrer Rolle als Besteller des Nahverkehrs, damit sie im Interesse der Bürger auf die Ausgestaltung des Nahverkehrs stärker Einfluss nehmen – aber nicht im Sinne solcher Lösungen wie im Fall des S-Bahn-Vertrags.

Vielmehr geht es um das Festschreiben bestimmter Standards und Qualitäten: zum Beispiel das Betreiben der Linien mindestens von 5 Uhr bis Mitternacht oder um Anschlusssicherung beim Umsteigen. Da muss das Wohlgefühl der Fahrgäste vor den Werbeeinnahmen stehen.

Bei allen Meinungsverschiedenheiten verbindet uns mit den Verkehrsunternehmen das gemeinsame Ziel: attraktiver Nahverkehr, damit möglichst viele Menschen Bahnen und Busse nutzen.

Autor/Agentur: mpj
Quelle: punkt3
Medium: Wochenzeitung
[ Zurück ]