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Uns reicht's!

02.02.2008

Der BVG-Streik-Schock: Verspätungen, Staus, Frust. Tausende Berliner standen ratlos vor verschlossenen U-Bahnhöfen, Tramhaltestellen und Busstationen. In der B.Z. machen sie ihrer Wut Luft
Der BVG-Streik-Schock: Verspätungen, Staus, Frust. Tausende Berliner standen ratlos vor verschlossenen U-Bahnhöfen, Tramhaltestellen und Busstationen. In der B.Z. machen sie ihrer Wut Luft
Der knallharte Blitz-Streik der BVG spaltet die Stadt.

- Auf der einen Seite: 2,4 Millionen Berliner, die am 1. und 2. Februar vergeblich auf Bus, U-Bahn und Tram warteten, zu spät zur Arbeit, zum Arzt, zur Schule kamen.

- Auf der anderen Seite: 12200 BVG-Beschäftigte, die zwölf Prozent mehr Lohn, mindestens aber 250 Euro pro Monat, fordern.

Die meisten Berliner wurden gestern früh eiskalt erwischt vom Warnstreik.

Denn ver.di hatte den Ausstand urplötzlich Donnerstagabend angekündigt, sieben Stunden vor Streikbeginn um Mitternacht. Tourist Michele Adami staunte: „Hier ist es wie zu Hause in Italien.“ Wer konnte, stieg auf Auto, Rad oder S-Bahn um, die gestern ihren gesamten Fuhrpark von 600 Zügen auf die Schiene brachte.

Streik-Gewinner: Berlins Taxifahrer. „Der Streik hat uns freudig überrascht. Die Betonung liegt auf freudig“, sagte Taxiverbands-Chef Detlef Freutel. Zwei Drittel der 6800 Taxen waren im Dauereinsatz, sonst sind's gerade mal die Hälfte.

BVG-Chef Andreas Sturmowski kritisierte den Warnstreik als „absolut nicht verhältnismäßig“. Er rief ver.di zur Rückkehr an den Verhandlungstisch auf. Sturmowski: „Wir wollen die Berliner nicht dem Zirkus aussetzen, wie Herr Schell das veranstaltet hat“, sagte er mit Blick auf den langen Tarifkonflikt zwischen Bahn und Lokführergewerkschaft.

Finanzsenator und BVG-Aufsichtsratschef Thilo Sarrazin (SPD) bleibt trotz Warnstreiks knallhart: „Es wird nicht möglich sein, das Land oder die BVG materiell zu erpressen“, warnte er ver.di. Zumal das von Arbeitgeberseite vorgelegte Angebot „im Verhältnis zum bundesweiten Gesamtumfeld sehr großzügig“ sei. Sarrazin abschließend: „Ver.di streikt ausschließlich gegen die Bürger!“

Das sieht der Fahrgastverband IGEB genauso. „Der überfallartige Blitz-Streik trifft einzig und allein die Fahrgäste und nicht die Arbeitgeber“, sagt IGEB-Chef Christfried Tschepe und betont: „Die Gewerkschaft tut sich keinen Gefallen.“

Gefallen hat der Warnstreik – der noch bis heute Nachmittag (2. Februar) um 15 Uhr dauert – keinem Berliner. „Ich hatte mich so gefreut, meine Tochter in Rudow zu besuchen. Aber ohne U-Bahn war das nicht möglich“, sagte Rentnerin Christel Uhlig (73) aus Tiergarten. Servicekraft Susanne Oeser (26) aus Moabit: „Ich musste sieben Euro fürs Taxi zahlen. Damit habe ich die erste Stunde quasi umsonst gearbeitet.“

Autor/Agentur: Boris Dombrowski
Quelle: B.Z.
Medium: Tageszeitung
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