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Kommentar zum Berliner Nahverkehr

30.08.2018

Nicht jeder will den Ausbau der U-Bahn
Ganz schön paradox! Die U-Bahn muss immer mehr Verkehr verkraften, doch der Fahrgastverband Igeb will keine neuen U-Bahn-Strecken. Wer dort nachfragt, ob das Netz erweitert werden sollte, erhält eine unmissverständliche Antwort: Nein, auf absehbare Zeit nicht!

Die harsche Reaktion entspringt gesunder Berliner Skepsis. Als Einheimische wissen die Verbandsspitzen, wie viel Zeit es in dieser komplexen Stadt braucht, bis Verbesserungen in Gang gesetzt werden können. Zwar gibt es wieder Geld, doch der Wiederaufbau der ausgepowerten, demotivierten Verwaltung dauert an, und es mangelt an Planern. Mit der Ansage der rot-rot-grünen Koalition, das Netz der Straßenbahn zu erweitern, was deren Leistung um 65 Prozent steigern würde, hat die Verwaltung bereits alle Hände voll zu tun. Würde ein neues Tätigkeitsfeld namens U-Bahn-Ausbau eröffnet, wäre die schwache Maschinerie überfordert.

Große Mühen für Berlin

Zudem bieten die bestehenden Schienennetze genug Reserven, die erst einmal gehoben werden sollten. Bei der S-Bahn fehlen Überholgleise, bei der Straßenbahn Ampeln, die Vorrang geben, und bei der U-Bahn könnte ein automatischer Betrieb Zugfolge und Kapazität erhöhen.

Sicherlich wäre es schön, wenn außer der langsamen U2 auch die schnelle U9 nach Pankow fahren würde. Und sicherlich sollten kleinere Projekte wie die U8 ins Märkische Viertel realisiert werden, auch um U-Bahn-Planer in der Stadt zu halten. Die Politiker müssen aber darauf achten, dass sie sich nicht verzetteln. Es ist schade, dass Berlin nur noch unter großen Mühen groß denken und planen kann – geschweige denn bauen. Doch es wird noch lange dauern, dies zu ändern.

Autor/Agentur: Peter Neumann
Quelle: Berliner Zeitung
Medium: Tageszeitung
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