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Ja, wo fährt sie denn, die BVG?

17.02.2005

In den Kiezen ist der Nahverkehr unzumutbar ausgedünnt, kritisiert der Fahrgastverband. Er fordert die BVG jetzt auf, 15 Sparsünden zu beheben
Die BVG-Planer sollten sich, wenn sie metrolinienschnell durch die Stadt brausen, ruhig mal aus dem Fenster lehnen - und auf die Normalo-Busse zurückschauen. Denn das so genannte Ergänzungsliniennetz gehört kräftig ergänzt, fordert der Fahrgastverband Igeb - Busse und Trams also, die jenseits der Hauptstrecken Kieze und Außenbezirke bedienen.

"Hier gibt es im ganzen Stadtgebiet drastische Sparmaßnahmen, die sich gravierend auswirken", sagte der Igeb-Vizevorsitzende Matthias Horth gestern. Viele Leute müssten öfter umsteigen; gerade kurze Wege zur Kita oder zum Einkaufen seien schwieriger zu bewältigen. "Alte Menschen sind in ihrer Mobilität deutlich eingeschränkt."

Der Igeb fordert die BVG jetzt auf, 15 Sparsünden zu beheben: Die Betriebe sollen Linien öfter befahren - etwa die Tram 12 oder den Bus 101 -, verlängern - etwa Bus 140 oder 197 - oder komplett umlegen. "Vieles davon würde nicht mehr kosten", sagt Horth.

Besonders kräftig umsteuern müsse die BVG bei den so genannten Kiezlinien, findet der Igeb: Die Busse - etwa in Friedenau, Kreuzberg oder Moabit - fahren im Ringverkehr alle 20 Minuten, die Endstelle liegt auf der Strecke. "Das macht nur in dünn besiedelten Randgebieten Sinn", sagt Horth. "Mitten in Kreuzberg ist so was kein akzeptabler Nahverkehr."

Die BVG nehme die Kritik ernst, sagt Sprecherin Petra Reetz. "Gerade die Kiezlinien sammeln aber eine Menge Fahrgäste ein." Das Unternehmen habe bereits auf Beschwerden reagiert, argumentiert Reetz mit Verweis auf geplante Linienänderungen in Moabit und Treptow Ende Februar (die taz berichtete). Weitere Nachbesserungen schließt sie nicht aus: "Alles, was nicht funktioniert, gucken wir uns an." Ende März lägen linienbezogene Fahrgastzahlen vor.

Die Erkenntnis, dass das vor zwei Monaten mit großem Getöse gestartete Metrolinien- ein Sparkonzept ist, ist nicht neu. Die BVG fährt 100 Haltestellen gar nicht mehr an und hat vier Millionen Nutzwagenkilometer eingespart. Das Konzept käme gut an: "Die Fahrgastzahlen sind seitdem um 2 Prozent gestiegen", sagt BVG-Sprecherin Reetz, räumt aber Rückgänge auf zurückgenommenen Linien ein.

Der Fahrgastverband ruft erboste Bus- und Bahnfahrgäste jetzt dazu auf, direkt an die Verkehrsverwaltung zu schreiben: "Die BVG verfährt nach der Devise ,Aussitzen'", so Horth. Die Behörde als Aufgabenträger müsse ein besseres Angebot einfordern.

Genau das habe man getan, sagt Petra Rohland, Sprecherin der Verkehrsverwaltung - ohne konkret zu werden. Man erwarte Vorschläge der BVG: "Und die müssen über die anvisierten Linienänderungen Ende des Monats hinausgehen."

Autor/Agentur: Ulrich Schulte
Quelle: TAZ
Medium: Tageszeitung
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